Der klassische Skitag beginnt meist mit dem ersten Lift am Morgen, zieht sich über gut präparierte Abfahrten und endet in der Hütte oder beim Après-Ski. Doch in den vergangenen Jahren hat sich eine zweite Leidenschaft entwickelt, die immer mehr Skifahrer begeistert: Skitourengehen. Abseits der Pisten locken stille Hänge, verschneite Wälder und die Erfahrung, den Berg aus eigener Kraft zu bezwingen. Wer bereits souverän auf Skiern unterwegs ist, bringt ideale Voraussetzungen mit, um diese Form des Wintersports kennenzulernen.
Wer den Wechsel von der Piste auf die Tourenski wagt, benötigt vor allem einen praktischen Ausgangspunkt. Unterkünfte mit direktem Zugang zu den Liften erleichtern den Tagesablauf erheblich. Von dort aus lässt sich spontan entscheiden, ob die Ski am Morgen in den Liftbügel eingehängt werden oder ob der Rucksack mit Fellen und LVS-Gerät gepackt wird.
Ein Hotel direkt an der Skipiste vereinfacht nicht nur den klassischen Skiurlaub, sondern bietet zugleich die Möglichkeit, erste Touren in unmittelbarer Nähe auszuprobieren. Skidepots, Trockenräume und Informationsmaterial zu leichten Touren sind vielerorts Teil des Angebots. Zusätzliche Services wie geführte Aufstiege, Tourenkarten oder Tipps von erfahrenen Guides runden das Angebot ab und erleichtern die Orientierung in unbekanntem Gelände.
Selbst kurze Pausen lassen sich bequem im Hotel einlegen, sodass Aufstieg und Abfahrt optimal aufeinander abgestimmt werden können. Viele Unterkünfte bieten zudem Aufbewahrungsmöglichkeiten für Sicherheitsausrüstung, Trockenmöglichkeiten für Schuhe und Kleidung, was den Start in den Tag deutlich erleichtert und den Aufenthalt insgesamt komfortabler gestaltet.
Während Skifahren vorwiegend durch Abfahrtsgeschwindigkeit und Fahrtechnik geprägt ist, steht beim Skitourengehen die Bewegung bergauf im Vordergrund. Der Rhythmus des Gehens mit Fellen unterscheidet sich deutlich von den Bewegungen auf der Piste. Hinzu kommt die Abgeschiedenheit: Statt Musik aus den Lautsprechern und dichtem Andrang herrscht Ruhe. Der Aufstieg wird zu einem meditativen Erlebnis, bei dem sich der Blick auf die Umgebung langsam verändert.
Die Abfahrt ähnelt technisch dem klassischen Skifahren, erfordert jedoch oftmals eine Anpassung an unpräpariertes Gelände. Verschiedene Schneeverhältnisse – etwa Pulverschnee, Firn oder Bruchharsch – beeinflussen die Fahrtechnik und verlangen Konzentration sowie das Verständnis für Schneestrukturen, um sicher und flüssig abzufahren.
Ergänzend beeinflusst die Wahl der Route die Tour erheblich, da unterschiedliche Hangneigungen und Geländeformen nicht nur den Aufstieg fordern, sondern auch Geschwindigkeit, Kurvenführung und den sicheren Einsatz der Kanten beim Abfahren bestimmen. Auch das Bewusstsein für natürliche Hindernisse wie Bäume, Steine oder Mulden ist beim Skitourengehen deutlich ausgeprägter.
Die Umstellung vom Pistenski auf den Tourenski ist nicht nur eine Frage der Technik, sondern auch des Materials und der Ausrüstung. Tourenski sind in der Regel leichter und mit Fellen kombinierbar, die für den Aufstieg aufgezogen werden. Bindungen erlauben eine freie Ferse im Aufstieg und lassen sich für die Abfahrt fixieren. Spezielle Tourenschuhe sorgen für Beweglichkeit beim Gehen, ohne den Halt bei der Abfahrt zu verlieren.
Unverzichtbar ist die Sicherheitsausrüstung: LVS-Gerät, Schaufel und Sonde gehören in jeden Rucksack. Ergänzt wird die Grundausstattung durch funktionelle Kleidung im Zwiebelprinzip. Anders als beim Pistenfahren muss beim Skitourengehen die Körpertemperatur gezielt reguliert werden. Beim Gehen erwärmt sich der Körper stark, während bei Pausen oder der Abfahrt schnell Kälte einsetzt. Besonders die Füße sind anfällig – wer hier vorsorgt, kann unangenehme Überraschungen vermeiden. Praktische Tipps gegen kalte Füße beim Wintersport helfen, auch auf langen Touren warm und leistungsfähig zu bleiben.
Zusätzliche Ausrüstung wie Handschuhe mit hoher Beweglichkeit, leichte Stirnlampen für frühe Starts oder Sonnenbrillen für reflektierten Schnee erhöhen Komfort und Sicherheit, selbst bei unerwarteten Wetterumschwüngen. Ebenso lohnen sich kleine Multifunktionswerkzeuge oder Reparaturkits für Bindungen, die unterwegs schnelle Anpassungen erlauben, sowie Rucksäcke mit integriertem Trinksystem, um den Flüssigkeitshaushalt während langer Aufstiege konstant zu halten.
Abseits der markierten Pisten endet die künstliche Sicherung des Geländes. Jeder, der Skitouren geht, bewegt sich in alpinem Raum. Kenntnisse über Lawinen und deren Entstehung sind daher unverzichtbar. Ein Blick in den Lawinenlagebericht vor jeder Tour ist Standard.
Gerade für Einsteiger empfiehlt sich die Teilnahme an einem Kurs, in dem der Umgang mit der Notfallausrüstung geübt wird. Das Einschätzen der Hangneigung, die Beobachtung der Schneedecke und das Erkennen kritischer Stellen erfordern Übung. Wer diese Fertigkeiten regelmäßig trainiert, kann die Wahrscheinlichkeit von Unfällen deutlich verringern. Zusätzlich sollte stets ein Plan für Notfälle vorhanden sein, der Treffpunkte, Funkgeräte oder Handys und grundlegende Erste-Hilfe-Maßnahmen umfasst, um im Ernstfall schnell reagieren zu können.
Ergänzend kann das Erlernen von Routenplanung unter Berücksichtigung von Geländestrukturen, Aufstiegspfaden und potenziellen Rückzugsmöglichkeiten die Sicherheit erhöhen. Auch das Üben von Notfallbergungen im Team und das wiederholte Testen von LVS-Geräten sorgen für Routine und Vertrauen in die eigene Handlungskompetenz.
Ein gelungener Start in die Welt des Skitourengehens gelingt am besten auf einfachen Routen. Charakteristisch für Einsteiger-Touren sind moderate Steigungen, kurze Anstiege und ein Gelände, das als lawinensicher gilt. Viele Skigebiete bieten mittlerweile spezielle Aufstiegsrouten an, die parallel zur Piste verlaufen und so eine vielversprechende Möglichkeit für die ersten Schritte darstellen.
Abfahrten über die präparierte Piste erleichtern den Einstieg, da sich die Aufmerksamkeit zunächst auf den Aufstieg konzentrieren kann. Besonders hilfreich ist das Beobachten von erfahrenen Tourengehern, die Techniken für effizientes Gehen und Wenden bereits verinnerlicht haben. Zusätzlich fördern regelmäßige kurze Touren den Gleichgewichtssinn und die Fähigkeit, unterschiedliche Schneeverhältnisse einzuschätzen.
Kleine Variationen in der Route, etwa leicht steilere Abschnitte oder kurze Kurvenpassagen, helfen dabei, die Bewegungskoordination zu verbessern und das Gespür für das Zusammenspiel von Skiern, Fellen und Untergrund zu entwickeln. Auch das Planen von Pausen an geschützten Stellen stärkt das Durchhaltevermögen und die Fähigkeit, den eigenen Körper richtig einzuschätzen.
Auch erfahrene Skifahrer spüren beim Umstieg auf die Tourenski schnell die körperliche Herausforderung. Der Aufstieg beansprucht andere Muskelgruppen als die Abfahrt auf der Piste. Regelmäßiges Ausdauertraining im Vorfeld – etwa durch Joggen, Radfahren oder Bergwandern – erleichtert die ersten Touren erheblich. Technikübungen wie die Spitzkehre sind ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil. Sie erlaubt es, auch steilere Hänge im Zickzack zu bewältigen. Wer diese Bewegung beherrscht, erweitert das mögliche Gelände deutlich.
Weitere Übungen wie das gezielte Einsetzen der Stöcke zur Entlastung der Oberschenkel oder das rhythmische Anpassen des Schritttempos tragen dazu bei, dass längere Aufstiege energieeffizienter werden. Ergänzend lohnt es sich, Gleichgewichtsübungen und Koordinationsdrills auf unebenem Untergrund durchzuführen, um das Handling der Ski in unterschiedlichen Schneeverhältnissen zu verbessern.
Auch kurze Abfahrtseinheiten im Gelände, das von Pisten abweicht, fördern das Gefühl für unterschiedliche Untergründe und unterstützen den flüssigen Übergang zwischen Aufstieg und Abfahrt. Die Kombination aus Technik und Kondition macht den Einstieg in anspruchsvollere Touren sicherer.
Skitourengehen wird häufig in kleinen Gruppen unternommen. Gemeinsame Aufstiege fördern nicht nur den Austausch, sondern schaffen auch Sicherheit. In geführten Gruppen fällt der Einstieg besonders leicht, da der Routenverlauf geplant ist und Fragen direkt beantwortet werden können. Viele Bergschulen bieten Kurse an, die speziell auf Umsteiger zugeschnitten sind. Auch Hotels in Skigebieten nehmen das Thema auf und organisieren geführte Einsteiger-Touren.
Das gemeinsame Erleben von Sonnenaufgängen, stillen Wäldern und glitzernden Hängen verbindet. Ebenso entstehen wertvolle Erfahrungen im Umgang mit Natur, Schneeverhältnissen und Gruppendynamik, die über die reine sportliche Leistung hinausgehen und die Freude an neuen Herausforderungen verstärken.
Regelmäßige Touren in der Gruppe ermöglichen es zudem, voneinander zu lernen, individuelle Technik zu verbessern und einander zu motivieren. Auch das Planen gemeinsamer Pausen oder kleine Erkundungen abseits bekannter Wege bereichern das Gesamterlebnis und machen jede Tour zu einem besonderen Erlebnis.
Autor: Redaktion; Bild: Bernhard Ziegler