Magazin
RegistrierenPasswort vergessen?...

Auf den Spuren von Girardelli und Stenmark

Skitour vom Sonnenbichl zum Fockenstein (im Hintergrund)
Skitour vom Sonnenbichl zum Fockenstein (im Hintergrund)

Die Skitour selbst ist bekannt und beliebt. Doch was viele nicht wissen, die Route auf den Fockenstein bei Bad Wiessee am Tegernsee führt über historisches Ski-Terrain. Hier wurde Ski-Geschichte geschrieben! Und ganz nebenbei ist sie eine echte Genusstour.

1958 - Nachttorlauf: Karl Schranz & Anderl Molterer

Bild aus den 60er Jahren am Sonnenbichl
Bild aus den 60er Jahren am Sonnenbichl

Anfang der 80er Jahre traf sich die Weltelite des Skisports in Bad Wiessee am Sonnenbichlhang. Das erste Weltcuprennen gewann dort 1982 Ingemar Stenmark, das zweite und letzte an diesem Hang 1985 Marc Girardelli. Der schweigsame Schwede fühlte sich in Bad Wiessee und speziell an dem Hang so wohl, dass er hier Wettkampfvorbereitungen durchführte; die Piste wurde damals extra für sein Training präpariert. Noch früher – in den 50er und 60er Jahren - traf sich die Crème de la Crème des Skisports zum „Internationalen Nachttorlauf“ am Fuße des Fockenstein in Bad Wiessee.

Der Höhepunkt: Weltcup am Sonnenbichl

Weltcup am Sonnenbichl
Weltcup am Sonnenbichl

Heute macht der Weltcup-Zirkus nicht mehr Station am Sonnenbichl, jetzt geht es eher beschaulich zu. Der Hang mit Schlepplift dient nur noch dem nicht öffentlichen Skitraining. Viele Sportler packen den Berg jedoch aus eigener Kraft an: Winterwanderer, Schneeschuh- und Skitourengeher starten am Sonnenbichl und wandern hinauf zur Aueralm. Die Winterwanderer nehmen die Forststraße im hinteren Teil des Parkplatzes und haben in der Regel die Hütte als Ziel. Die Skibergsteiger peilen dagegen den Fockenstein an. Tourengeher, die diesen Gipfel bezwingen wollen, steigen zuerst einmal auf den Spuren von Girardelli und Stenmark am Rand der Sonnenbichl-Piste auf. Den meisten dürfte dabei die historische Bedeutung dieses Hanges gar nicht bewusst sein. Schnell ins Bewusstsein rückt dagegen die Ruhe und Beschaulichkeit der Route. Bereits am Liftende, bevor es in den Wald hineingeht, hat man einen herrlichen Blick auf den Tegernsee.

Skirennen am Sonnenbichlhang
Skirennen am Sonnenbichlhang

Dann wandert man ganz gemütlich auf der präparierten Trasse durch den Bergwald in Auf und Ab zur Aueralm. Wiesengelände erreicht man das erste Mal bei der Wachselmoosalm. Eine idyllische Stelle ist das, wenn man den Wald verlässt, mit einem alten, knorrigen Baum am Wiesenrand und einem traumhaften Blick auf den Fockenstein. Ganz so weit wie es von hier erscheint, ist er nicht mehr entfernt, doch eineinhalb bis zwei Stunden braucht man schon noch bis zum Gipfel. Das nächste Etappenziel ist die Aueralm. Sie liegt auf einem herrlichen Schneegupf, und so hat man von der Sonnenterrasse aus einen traumhaften Blick auf die Kampen, den Hirschberg, den Roß- und Buchstein, Wallberg, Bodenschneid und Unnütz im Rofan. Doch der Skitourengeher spurt beharrlich an der schönen Einkehrmöglichkeit vorbei, schenkt dabei schon wieder ein paar Höhenmeter her, und quert durch den Wald zur Neuhüttenalm. Was für ein fantastischer Almkessel sich hier unter der steilen Südostflanke des Fockenstein auftut! Jetzt peilt man den sanften Einschnitt im Rücken an und ist beeindruckt von den gigantischen Wechten. Im Sattel dreht die Route dann nach Norden ein. Entlang des Südrückens steigt man, den Steilstellen meist links herum ausweichend, hinauf zum höchsten Punkt. 

Auf den letzten Metern ist etwas Gespür für das Gelände gefragt; hier muss man den richtigen Durchschlupf zum Gipfel finden, den man von rechts her über eine steile Mulde erreicht. Beim kleinen Eisenkreuz hat man dann einen fantastischen Blick auf den Tegernsee. Herrschen wirklich sichere Verhältnissen, dann kann man auch die sehr steile Direktabfahrt probieren, ansonsten geht es entlang der Anstiegsspur zurück zur Aueralm. Jetzt endlich wird man dort in der Sonne seinen Durst löschen. Danach geht es in Auf und Ab auf der breiten Skitrasse zurück zur Sonnenbichl-Piste. Die flache Route ist also vom Charakter her eher eine ausgedehnte Skiwanderung als eine rassige Skitour. Wie ein Rennläufer fühlt man sich also höchsten, wenn man im Slalom den Sonnenbichlhang zum Parkplatz hinunterdüst – natürlich im eleganten Stenmark-Stil der 80er Jahre. Damals war das Carven noch nicht erfunden und das parallele Kurzschwingen groß in Mode.

Route & Infos

Autor: Bernhard Ziegler
Bilder: Archiv Skiclub Bad Wiessee und BZ

Vielen Dank für die Unterstützung bei der Recherche an Horst Möhwald und Wolfgang Sprenger!